Aus dem Kurier vom 24. Mai 2020, Autor: Markus Foschum, kurier.at

Der Wirt vom Wienerwald

30 Jahre Nikodemus wollte Niki Neunteufel groß feiern. Entmutigen lässt sich der Szenewirt von der Corona-Pause aber nicht

Es war alles für die große Jubiläumsfeier angerichtet – ein Tribute für Falco sollte erklingen, 80er-Jahre-Popstar Paul Young und Austropopper Boris Bukowski auftreten. Daraus wird jetzt nichts – Corona. „Schon bitter, wir haben das so lange vorbereitet, aber das Jahr wird so auch erinnerungswürdig“, sagt Niki Neunteufel und lacht. Der Anlass hätte sich ein lautstarkes Geburtstagsständchen verdient: Vor 30 Jahren wurde das Nikodemus geboren. Ein In-Lokal und Musik(er)-Treff mitten im Wienerwald.

Das Gasthaus am Hauptplatz von Purkersdorf ist seit 250 Jahren im Familienbesitz. Der kleine Niki, der eigentlich Franz heißt, aber Niki Lauda als Idol hatte, ist „unter den Gästen großgeworden, meine Hausarbeiten hab ich am Wirtshaustisch gemacht.“ Damals war Purkersdorf noch „sehr ländlich. Die Hauptstraße mit dem Durchzugsverkehr ist genau vor unserem Gasthaus vorbeigegangen“, erinnert sich Neunteufel.

Eigentlich wollte er Tierarzt werden, aber die Aussicht auf ein langes Studium war dann doch nicht so verlockend und so wurde es die Hotelfachschule. Als Rezeptionist für das Hotel Intercontinental in Wien kam er mit der großen weiten Welt in Kontakt und war fasziniert. Es folgten Jobs in Restaurants auf Hawaii und in Kalifornien und „ein Jahr hab ich beim Bau in Australien gearbeitet.“ Weil es aber keine Arbeitsgenehmigung gab, kehrte der 22-Jährige 1989 zurück. „Da hatte sich einiges verändert. Es gab einen jungen Bürgermeister namens Karl Schlögl und statt der Durchfahrtsstraße eine Fußgängerzone.“
Dann eröffnete das Schicksal (oder Glück) neue Chancen: Wolfgang Ambros kannte Neunteufel schon länger. „Meine Großmutter und seine Mutter waren befreundet. Er war als Kind oft bei uns.“ Jetzt war Ambros aber der Star des Austro-Pops und als Niki Neunteufel ihn auf einer Tournee begleiten durfte „hab ich Lunte gerochen. Das ist genau, was ich will.“

Gemeinsam sorgte man für eine Belebung der neuen Fuzo: „Wir haben Konzerte organisiert. Das war sehr simpel gestrickt und wir wussten am Freitag oft noch nicht, wer am Samstag auftritt. Im Herbst 1989 gab es dann ein Wolfgang-Ambros-Konzert. Unter dilettantischen Umständen, aber damit wurde Aufmerksamkeit erzeugt.“

Eigentlich wartete Neunteufel zu der Zeit auf die Arbeitsgenehmigung für Australien, aber stattdessen kam eine tolle Idee: Ein Musik-Lokal wie in Wien. „Mein Vater hat nur gelacht und gesagt: Na gut, dann nehmt halt den Ballsaal, der steht eh leer. Niemand dachte, dass das funktioniert.“ Doch genau das tat es – 1990 feierte das Nikodemus Eröffnung. „Bundeskanzler Franz Vranitzky hat damals auch einmal wöchentlich mit Schlögl Tennis gespielt und ist dann zu uns zum Bundeskanzlerstammtisch gekommen, das hat großes Aufsehen verursacht“. Der Erfolg stelle sich ein. „Nicht langsam, sondern von null auf hundert in einer Sekunde. Mit 23 hab ich gar nicht realisiert, was ich für Glück hatte. Ich war aber auch intelligent genug, die Möglichkeiten zu nutzen und ein Netzwerk aufzubauen.“

Star-Treffpunkt

Es ging Schlag auf Schlag. „Falco oder Nena haben hier gespielt. 1992 hat Rudi Dolezal seine Firma nach Purkersdorf verlegt und 1998 bei uns seinen 40. Geburtstag gefeiert. Da waren auch die Musiker von Queen da, die das erste Mal seit Freddie Mercurys Tod gemeinsam spielten. Falco hätte auch dabei sein sollen, er hat aber abgesagt. Am nächsten Tag kam die Meldung von seinem Tod.“ Ein Jahr zuvor, 1997, war das Nikodemus Geburtsort für „Austria 3“. „Fendrich und Danzer kannte sich vorher gar nicht. Ihr erstes Konzert hat hier stattgefunden“, erzählt Neunteufel.

Seit 19 Jahren wird nicht nur im, sondern auch vor dem Lokal groß aufgespielt. Beim Open Air Sommer: „Ein großes Konzert am Abend – wir wurden für größenwahnsinnig erklärt. Aber dann spielten Georg Danzer, die EAV und der Ostbahn Kurti und Purkersdorf ist auseinandergebrochen“. Seit 2006 gibt es auch internationale Stars.

Am 15. Mai, just an Neunteufels Geburtstag, wurde der Neustart im Lokal gefeiert. „Während der Pause habe ich erst gemerkt, wie gerne ich Gastgeber und Gastwirt bin. Das mache ich mit viel Herzblut und die Höchststrafe ist ein Abend, wenn nichts los ist. Ich kann nicht anders, sonst würde ich verkümmern.“ Und die große Jubiläumsfeier wird 2021 nachgeholt. „Entweder groß und ordentlich oder gar nicht, damit es auch wieder Spaß macht“, sagt der Nikodemus-Wirt.

 

 

Aus dem Kurier vom 16. Dezember 2014, Autor: Maria Haiderer, kurier.at

Auf Du und Du mit den Promis

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Ob Tobias Moretti, Franz Vranitzky, Falco, Nena, Rudi Roubinek, Jimmy Cliff, Ingrid Thurnher, Andy Lee Lang oder Andreas Vitasek – die Gästeliste des Nikodemus ist lang.

Ich hatte das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein“, sagt Niki Neunteufel, Chef des In-Lokals im Zentrum von Purkersdorf, über seinen Erfolg. Die Idee hinter seinem Restaurant: „Wir wollen große Künstler im kleinen, intimen Rahmen präsentieren.“

Seit 1529 besteht das Lokal, schon über 220 Jahre ist seine Familie dort ansässig und gastronomisch tätig. Nach Absolvierung der Hotelfachschule begann der junge Neunteufel als Rezeptionist für das Hotel Intercontinental in Wien zu arbeiten. Schon damals haben ihn Begegnungen mit hochrangigen Stars – wie den Schauspielern aus „Dallas“ – fasziniert.

Familie

Wenig später zog es ihn in die weite Welt, als 19-Jähriger ging er ohne fixes Jobangebot nach Amerika und Australien, wo er sich drei Jahre lang nicht nur in der Gastronomie sondern auch am Bau verdingte. Eigentlich nur auf Stippvisite nach Hause gekommen, durchkreuzte eine schicksalhafte Begegnung seine Pläne. Er traf auf Wolfgang Ambros, der schon als Kind oft im Landgasthof seiner Eltern zu Gast war. „Daraus hat sich eine innige, bis heute andauernde Freundschaft entwickelt“, erzählt Neunteufel. Auf der Suche nach Arbeit tourte er mit dem damals großen Popmusiker dann quer durch Deutschland und die Schweiz. So lernte er das Musikgeschäft kennen.
Beim gemeinsamen Besuch eines Wiener In-Lokals kam ihm die Idee, ein Restaurant in ähnlichem Stil zu eröffnen. Und bald darauf, im Mai 1990, begann der 23-Jährige im ehemaligen Ballsaal des elterlichen Wirtshauses sein Experiment. „Niemand hat ernsthaft geglaubt, dass sich das Lokal halten wird“, erzählt er.

Globetrotter

Es ist offensichtlich, dass der Name „Nikodemus“ in enger Verbindung zu seinem Namen steht. Doch nur einige Wenige wissen, dass der Hausherr mit richtigem Vornamen eigentlich Franz Neunteufel heißt. Wie sein Spitzname entstand: Als Kind wünschte er sich ein Go-Kart mit roten Sturzhelm wie sein Idol Niki Lauda. Und der Name ist ihm geblieben.
Ab 1997 pendelte er der Liebe wegen immer wieder zwischen Purkersdorf und den USA. Seine Zelte schlug er einige Zeit auch im „Tavern of the Green“, dem Szenelokal im Herzen des Central Parks in New York, auf. Auch Kofi Annan hat er schon bekocht. Neben dem Mountainbiken zählt das Reisen mit Frau Brigitte zu seinen Hobbys. Das schlägt sich auch in seiner Speisekarte nieder: „Das Herz ist natürlich Wienerisch, aber ein paar kulinarische Ausritte habe ich mir eingebildet. Manche werden zum Klassiker.“

Lokal

Aus dem fernen Kapstadt stammt das Südafrikanische Hühnercurry (sh. oben). Doch internationalen Charme versprüht auch das Lokal: Absoluter Hingucker ist die britische Telefonzelle, durch die man zu den Sanitäranlagen gelangt. „Das sorgt immer noch für Verwirrung bei Erstbesuchern“, meint der Gastronom. Im Weinkeller aus dem Jahr 1529 – ursprünglich als „Eishaus“ zur Konservierung von Lebensmitteln verwendet – wird oft geheiratet. 

Nach fast 25 Jahren Nikodemus stellt der Chef fest: „Damals hab’ ich mich sehr viel getraut, das ist das Vorrecht der Jugend. Heute bin ich vorsichtiger.“

25 JAHRE NIKODEMUS
Queen war zu Gast

Vom typischen Austropopper über grantelnde Kabarettisten bis hin zu internationalen Rockröhren: Das regelmäßig im Nikodemus angebotene Kulturprogramm ist vielschichtig. „Ich will kein Dinosaurier der Neunziger sein“, sagt der 57-jährige Niki Neunteufel, weshalb er sich diesbezüglich ans Publikum anpasst.

Die Sternstunde des Lokals: Anlässlich des 40. Geburtstages von Filmemacher Rudi Dolezal trat die britische Rockband „Queen“ hier auf. Auch österreichische Musikgeschichte wurde geschrieben: Die Gründung von Austria 3 nahm hier ihren Ausgang, im Dezember 1997 gaben Rainhard Fendrich, Wolfgang Ambros und Georg Danzer ihr allererstes Konzert – vor Nikodemus-Publikum.

Nicht nur für sein Lokal konnte Niki Neunteufel renommierte Gäste gewinnen, sondern auch für den seit 2002 stattfindenden Purkersdorfer Open-Air-Sommer, der alljährlich mehrere Tausend Menschen auf den Hauptplatz lockt. Bei der Ausrichtung so vieler Veranstaltungen gab es klarerweise auch Hoppalas, über die er heute nur noch lachen kann.

Drei Mal im Frühjahr sowie im Herbst holt der Szenewirt Künstler in den Stadtsaal. Außerdem stellt er sein Restaurant jeden Dezember für den guten Zweck zur Verfügung. Im Rahmen einer „Licht-ins-Dunkel-Aktion“ versuchen sich Prominente als Köche und Kellner. „Ich habe extrem viel Glück und Erfolg im Leben erfahren, daher sehe ich es auch als Verpflichtung, im Rahmen meiner Möglichkeiten etwas zurückzugeben“, sagt Neunteufel.

NACHGEKOCHT: Südafrikanisches Hühnercurry

Zutaten für 4 Personen
50 dag Hühnerbrust
80 dag Paradeiser
4 Zwiebeln
6 Knoblauchzehen
6 EL Olivenöl
3 EL getrocknete Kokosraspel
2 Lorbeerblätter
3 EL Curry
1/16 L Obers
1 TL getrocknetes Chilipulver
1 ausgepresste Zitrone
Salz und Pfeffer (nach Belieben)

Zubereitung
Hühnerbrust klein schneiden, Zwiebeln schälen und würfeln
Paradeiser überbrühen, abziehen, entkernen und fein zerdrücken, Knoblauch abziehen und durchpressen
Zwiebeln, Tomaten, Knoblauch, Lorbeerblatt und Zitronensaft in Öl erhitzen
Curry, Chili, Kokosraspeln, Salz und Pfeffer gründlich mit Obers verrühren; zur Zwiebel-Paradeisermischung geben
Das Hühnerfleisch zugeben
Das Ganze für etwa eineinhalb Stunden köcheln lassen

Gut dazu passt Naturreis.